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Der Betriebsleiter 9/2018

Der Betriebsleiter 9/2018

FERTIGUNGSTECHNIK I

FERTIGUNGSTECHNIK I TITEL Schlüssel für höhere Standzeit Optimierung von Wälzlagern an CNC-Maschinen Wenn es um die Verbesserung der Leistung oder Verfügbarkeit von Werkzeugmaschinen geht, lassen sich mit überschaubaren Mitteln oft beachtliche Erfolge erzielen. Das beweisen einige aktuelle Beispiele aus der Beratungspraxis des Wälzlagerspezialisten NSK. Mit dem „Added Value Programme“ (AIP+) bietet NSK den Anwendern von Maschinen und Anlagen eine umfassende Beratung mit dem Ziel, die Lebensdauer von Wälzlagern und Linearsystemen zu steigern. Zu den „Werkzeugen“, die dabei verwendet werden, gehört auch das Condition Monitoring (CMS), d. h. die Zustandsüberwachung von Wälzlagern. Dabei stehen meistens die Lager selbst im Blick, weil sie frühzeitig ausfallen können. Es gibt aber auch Einsatzfälle, bei denen das Lager als Autor: Peter Neubauer, Key Account Manager (IAM), NSK Deutschland GmbH, Ratingen „Fenster zum Prozess“ dient. Denn die Analyse des Wälzlagers erlaubt auch Rückschlüsse auf den Zustand der gesamten Maschine oder Anlage und ermöglicht eine schnellere Diagnose bei Unregelmäßigkeiten im Prozess. Schleifmaschine: Wälzlageranalyse beschleunigt Fehlersuche Beim Condition-Monitoring-Service von NSK kommt eine eigens für diesen Zweck entwickelte, mobile Messtechnik zum Einsatz. Sie erfasst Schwingung, Temperatur und Drehzahl von Maschinenkomponenten und analysiert sie mit Hilfe anspruchsvoller Software. Das schafft die Datengrundlage für eine Lebensdaueranalyse der Wälzlager – und es gibt Hinweise auf unzureichende Schmierung, auf Unwuchten und Ausrichtungs- sowie Fluchtungsfehler. Diese Methode nutzte NSK u. a. in einer eigenen Produktionsstätte. Hier kam es an einer Schleifmaschine, die Lagerlaufbahnen bearbeitet, zu Formfehlern. Nachdem Reparaturversuche gezeigt hatten, dass die gängigsten Fehlermöglichkeiten als Ursache ausschieden, war ein Defekt an den Lagerungen naheliegend, und die Kollegen vom Condition-Monitoring-Service wurden zu einer Einschätzung gebeten. Nach der Aufnahme der Antriebsdaten und der Umge- bungsbedingungen wurden vor und nach einem Wälzlageraustausch Messungen durchgeführt. Die Analyse ergab, dass weder die Spindel noch der Abrichter Ursache für die Formfehler waren. Damit konnten die Mitarbeiter der Instandhaltung auf das aufwändige Zerlegen der Spindel verzichten und fanden die tatsächliche Ursache innerhalb kurzer Zeit. Insgesamt wurden dadurch drei Arbeitstage für das Zerlegen der Spindel und die Untersuchung des potenziellen Wälzlagerfehlers eingespart, ebenso die damit verbundenen Produktionsausfälle der betroffenen Fertigungszelle. Formabweichung beim spitzenlosen Schleifen In einem zweiten Beispiel für das Condition Monitoring in der Präzisions-Metallbearbeitung erkannte der Anwender einer spitzenlosen Schleifmaschine Formabweichungen an den Produkten. Die Instandhalter vermuteten Fehler einiger Wälzlager in der Spindelanordnung als Ursache. Da in der Schleifspindel diverse Wälzlager in acht Größen zum Einsatz kamen, wurde auch hier der NSK-Service hinzugezogen, um möglichst schnell die fehlerhaften Lager zu identifizieren und dauerhaft Abhilfe zu schaffen. Nach der Messung der wartungsrelevanten Daten bei laufender Maschine zeigte die Analyse jedoch, dass die Spindellager nicht die Ursache für die Formabweichungen waren. Dadurch konnten sich die Wartungstechniker schnell auf andere Bereiche konzentrieren, und der Anwender sparte zwei Arbeitstage für das Zerlegen der Spindel. Die internen Kosten für das Zerlegen und die daraus resultierenden Ausfallzeiten hätten sich auf 33 600 Euro summiert. Diese Kosten hat der Anwender nun gespart. Schulung erhöht Lebensdauer von Spindellagern Bis zu 20 % aller Wälzlagerprobleme sind durch mangelhafte Montage verursacht. Das war in der Produktionsstätte eines namhaften Automobilzulieferers der Fall, wo es zu häufigen Ausfällen der Spindellager an vier CNC-Bearbeitungszentren kam. Im Durchschnitt erreichten diese Lager nur ei- 01 CMS erlaubt Einblick in den Schleifprozess und hilft bei der Ursachenforschung, wenn es zu Unregelmäßigkeiten kommt 6 Der Betriebsleiter 9/2018

TITEL I FERTIGUNGSTECHNIK 02 Als Spindellager werden häufig Hochgenauigkeits- Schrägkugellager verwendet. Sie schaffen eine wichtige Voraussetzung für präzise Bearbeitungsvorgänge 04 Die X1-Hochleistungsdichtung verhindert zuverlässig, dass Verunreinigungen in den Kugelgewindetrieb eindringen 03 Schleifprozesse erfordern höchste Genauigkeit und Laufruhe der Antriebe von Schleifspindel und Werkstückträger 05 Werkzeugmaschinen stellen besondere Anforderungen an Linearantriebe ne Lebensdauer von zwei Wochen. Der Zulieferer bat NSK um eine Analyse, zu der auch die Überprüfung der Service- und Instandhaltungsmaßnahmen gehörte. Es stellte sich heraus, dass die unsachgemäße Handhabung der Hochgenauigkeits-Schrägkugellager bei Wartungsarbeiten Ursache für die frühzeitigen Ausfälle war. NSK führte daraufhin – wiederum im Rahmen des AIP+-Programms – eine Schulung des Instandhaltungspersonals durch. Daraufhin erhöhte sich die durchschnittliche Lebensdauer der vier Hochgenauigkeits-Schrägkugellager von zwei Wochen auf sechs Monate, und der Anwender konnte die instandhaltungsbedingten Kosten um 32.880 Euro pro Jahr reduzieren. Der größte Anteil davon entfällt auf die verringerten Maschinenausfallzeiten. Linearantriebe an Bearbeitungszentren optimiert Das AIP+-Programm gilt ebenso für Linearsysteme – zum Beispiel für Kugelgewindetriebe. Ein internationaler Automobilzulieferer fertigt in einem spanischen Werk Bremssysteme und setzt dabei zahlreiche Bearbeitungszentren ein, in denen insgesamt 117 Kugelgewindetriebe für die Linearbewegung und Positionierung von Werkzeugtischen und –wechslern sorgen. Aufgrund der hohen Anforderungen und der ungünstigen Umgebungsbedingungen erreichten diese Linearantriebe eine durchschnittliche Lebensdauer von nur sechs Monaten. Die unplanmäßigen Stillstände führten zu erheblichen Mehrkosten. Der Zulieferer holte die Expertise von NSK ein, um die Stillstandzeiten zu verringern. Branchenexperten untersuchten bei drei der defekten Linearantriebe die Laufbahnen und die Schmierbedingungen, um die Ursache(n) der Ausfälle zu ermitteln. Das Ergebnis: Eine Kombination aus hohen Die Analyse des Wälzlagers erlaubt Rückschlüsse auf den Zustand der gesamten Maschine oder Anlage Lasten, eindringenden Kühlschmierstoffen und hohen Umgebungstemperaturen war verantwortlich für die kurze Lebensdauer. NSK empfahl daraufhin die Verwendung einer Kugelgewindetriebe-Baureihe, die speziell für hohe Drehzahlen und Lasten entwickelt wurde. Sie ist mit einem kundenspezifischen Mutterndesign ausgestattet, das sich u.a. durch eine höhere axiale Steifigkeit auszeichnet. Dadurch verbessert sich die Steifigkeit des gesamten Antriebsstrangs. Die Kugelgewindetriebe – so die weitere Empfehlung der NSK-Ingenieure – wurden mit der X1-Hochleistungsdichtung ausgestattet. Sie verhindert, dass Kühlschmierstoff ins Linearsystem eindringt und auch, dass der Schmierstoff des Kugelgewindetriebs die Schneid- oder Kühlflüssigkeit des Bearbeitungszentrums verunreinigt. Zugleich hat die Dichtung ein hervorragendes Fettrückhaltevermögen. Die optimale Schmierung des Kugelgewindetriebs wird durch die K1- Schmiereinheit sichergestellt. Lebensdauer von Kugelgewindetrieben deutlich verlängert An den kritischsten Punkten dieser Anlagen wurden testweise zwei dieser neuen Kugel- gewindetriebe eingebaut. Der Test erwies sich als erfolgreich. Bei diesen Bearbeitungszentren und auch bei weiteren, die in der Folge umgerüstet wurden, verlängerte sich die Lebensdauer der Kugelgewindetriebe um das Sechsfache. Bis zum aktuellen Zeitpunkt gibt es keine weiteren Ausfälle. Der Automobilzulieferer profitiert somit von geringeren Ersatzteilkosten und deutlich reduzierten Produktionsausfällen. In Summe ergibt sich eine jährliche Einsparung von rund 266 000 Euro. Zugleich wird auch – aufgrund der höheren Steifigkeit des Antriebsstrangs – die Fertigungsgenauigkeit der umgerüsteten Bearbeitungszentren gesteigert. Die Umrüstung kann mit geringem Aufwand ohne Änderung der Umgebungskonstruktion erfolgen und ist damit ebenso einfach zu realisieren wie die anderen hier genannten Beispiele für die Optimierung von kritischen Lagerungen in Werkzeugmaschinen. Bilder: 1, 3 und 5 NSK; 2 Fotolia/sorapolujjin; 4 iStock/Fertnig www.nskeurope.de Im Fokus Effizienz Nachhaltigkeit Sicherheit Der Betriebsleiter 9/2018 7

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