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Der Betriebsleiter 4/2018

Der Betriebsleiter 4/2018

MONTAGE- UND

MONTAGE- UND HANDHABUNGSTECHNIK Automatisierung leicht gemacht Kollaborierende Leichtbauroboter – ein Guide für Einsteiger Häufig sind Entscheider in kleinen und mittelständischen Unternehmen unsicher, ob und wie sich Fertigungsabläufe automatisieren lassen. Ein enormes Potenzial, um eine Vielzahl innerbetrieblicher Aufgaben zu optimieren, bietet die Leichtbaurobotik und insbesondere ihre Anwendung im Rahmen der Mensch- Roboter-Kollaboration (MRK). LIVE@ Autor: Andreas Schunkert, Head of Technical Support Western Europe der Universal Robots GmbH, München Moderne kollaborierende Roboter sind echte Arbeitskollegen, die nach erfolgreich abgeschlossener Risikobeurteilung ohne oder nur mit minimaler Schutzumhausung direkt neben den menschlichen Mitarbeitern zum Einsatz kommen. Mensch und Maschine teilen sich die Workload und während der Leichtbauroboter beispielsweise noch ein Teil weiterverarbeitet, kann der Arbeiter schon die nachfolgenden Produktionsschritte vorbereiten. Diese Entlastung motiviert Mitarbeiter und führt dazu, dass diese sich wieder auf anspruchsvollere Aufgaben konzentrieren können. Dank der schnellen und einfachen Implementierung können Cobots – wie die kollaborierenden Roboter auch genannt werden – zudem im laufenden Betrieb ohne großen Zeitverlust immer neue Aufgaben übernehmen. Die MRK ist somit ein bewährtes Mittel, um: n die Effizienz der Produktion und somit auch die Produktivität zu steigern, n bei gegebenenfalls höherem Tempo trotzdem eine größere Präzision in der Fertigung zu erreichen, n die Betriebskosten bei gleichbleibender Qualität zu senken sowie n die Produktion schnell und flexibel an sich schnell ändernde Kundenbedürfnisse anzupassen. Ein wichtiger Faktor in der direkten Kollaboration zwischen Mensch und Roboter ist außerdem die Erhöhung der Sicherheit: Gerade bei der Arbeit mit Maschinen, wie Pressen, bei Pick & Place-Applikationen oder bei der Arbeit mit gefährlichen Werkstoffen, kann ein Cobot die Sicherheit für die Angestellten verbessern, indem er den gefährlichen Teil der Arbeitsschritte übernimmt. Für welche Aufgaben sind Cobots überhaupt geeignet? Kollaborierende Leichtbauroboter sind ideal geeignet, um repetitive Arbeitsschritte, die trotz hoher Wiederholungsrate mit immer derselben Kraft und Präzision ausgeführt werden müssen, zu übernehmen. Schwere Lasten können sie in der Regel zwar nicht stemmen, aber prinzipiell sind Modelle wie beispielsweise die von Universal Robots in der Lage, Aufgaben mit einer Nutzlast bis 10 kg auszuführen. Denn die Roboter können für die gleichen Bewegungen program- miert werden, die auch ein Mensch ausführen kann. Und auch ihre Reichweite ähnelt mit 500 bis 1 300 mm der des menschlichen Arms. Zusätzlich lassen sich die Werkzeugschnittstellen der Roboter je nach individuellen Anforderungen flexibel mit unterschiedlichen Werkzeugen wie Greifern oder Vision-Sensoren bestücken und können somit verschiedenste Aufgaben übernehmen. Pick & Place, Polieren, Verpacken und Palettieren, Qualitätskontrolle, Montage, Maschinenbestückung, Schrauben, Laboranalyse und Tests, Kleben und Schweißen zählen vornehmlich zu den vielseitigen Anwendungsbereichen. Flexible Cobots lassen sich unkompliziert per Plug & Play mit verschiedenen AddOns erweitern bzw. für neue Aufgaben umrüsten: Universal Robots bietet hierfür den virtuellen Showroom UR+ mit einer großen Auswahl an kompatiblen Werkzeugen und anderem Zubehör. Für zusätzliche Vielseitigkeit und Kompatibilität verfügen die UR-Roboter zudem über diverse Schnittstellen, wie etwa Profinet und Ethernet/IP. Darüber hinaus können Anwender mittels einer TCP/IP-Verbin- 18 Der Betriebsleiter 4/2018

MONTAGE- UND HANDHABUNGSTECHNIK Schulungen erleichtern den Einstieg Um den Einstieg in die Automatisierung insbesondere für kleinere und mittlere Betriebe zusätzlich zu erleichtern, bietet Universal Robots ein umfangreiches Schulungsangebot sowie das kostenlose Online-Schulungsprogramm „Universal Robots Academy“. Sechs Schulungseinheiten in Form von E-Learning-Modulen vermitteln Basiskenntnisse für die Programmierung von UR-Robotern, dazu kommen drei vertiefende Lernmodule. Zudem gibt es im neuen Trainingscenter von Universal Robots in München vielfältige Fortbildungen, die über die Grundlagen der UR-Academy hinausgehen. Hierzu zählen z.B. Basis- und Advanced-Schulungen für die Roboterbedienung sowie spezielle Lerneinheiten zu den Themen Sicherheit und Zertifizierung. Nach erfolgreich abgeschlossener Risikobeurteilung können die UR-Roboter direkt neben dem Menschen eingesetzt werden dung drei verschiedene Client Interfaces, eine RTDE-Schnittstelle und einen Dashboard-Server bedienen. Weiterhin können UR-Roboter auch als Modbus-Server oder Modbus-Client kommunizieren. Braucht man Programmierkenntnisse für die Implementierung? Cobots wie die Modelle von Universal Robots lassen sich auch ohne umfassende Programmierungserfahrung dank intuitiver 3D-Visualisierung schnell einrichten und bedienen. Aufwändiges Programmieren im Code ist nicht zwingend erforderlich. So können die UR-Roboter zum Beispiel über Pfeiltasten auf dem Bildschirm oder durch einfaches „Anlernen“ des Roboterarms im „Teach-Modus“ programmiert werden. Hierbei führt der Anwender den Roboterarm per Hand an die Wegpunkte, die er im Rahmen seiner Arbeit anfahren soll und bringt ihm so seinen Arbeitsweg bei. Der Ablauf der Applikation wird so Schritt für Schritt gespeichert. Dadurch kann ein UR-Roboter im laufenden Betrieb ohne großen Zeitverlust immer neue Aufgaben übernehmen. Ein Roboter für unterschiedliche Maschinen und Werkstücke? Für das Arbeiten mit variierenden Werkstücke oder unstrukturierten Anordnungen benötigt der Cobot Sensoren, die ihm beim Erfassen und Greifen der einzelnen Teile helfen. Zwar können moderne Roboterapplikationen mit den entsprechenden AddOns derart komplexe Prozesse leisten, einfacher umzusetzen ist eine solche Applikation in der Regel jedoch, wenn man die Werkstücke mit einfachen Sortiermaschinen wie Fließbändern oder Trichtern vorsortiert. Grundsätzlich gilt die Faustregel: Zuerst mechanisch vereinzeln, erst wenn das nicht mehr ausreicht, auf Kamera, Ultraschall oder andere Sensoren zurückgreifen. Sind Cobots sicher? Wie sieht es mit der Risikobeurteilung aus? Cobots sollten je nach der möglichen Gefährdung einen gewissen Grad an Zuverlässigkeit bei ihren Sicherheitsfunktionen nachweisen. Diese Zuverlässigkeit wird mit dem sog. Performance Level beschrieben, das gemäß der harmonisierten Norm EN ISO 13849-1:2008 von a (geringe Zuverlässigkeit/Fehlersicherheit) bis hin zu e (hohe Zuverlässigkeit/Fehlersicherheit) gegliedert ist. Die Roboter von Universal Robots wurden vom TÜV Nord mit einem Performance Level d zertifiziert, was der zweithöchsten Klassifizierung und auch der standardmäßig geforderten Sicherheit für Industrieroboter entspricht. Da Roboter in industriellen Umgebungen auch hin und wieder Dreck, Staub und Feuchtigkeit ausgesetzt sind, ist es zudem ratsam, auf eine entsprechende IP Klassifizierung gemäß IEC 60529 zu achten. Die Roboter von Universal Robots weisen eine Klassifizierung von IP54 für den UR5 und den UR10 und eine Klassifizierung von IP64 für den UR3 auf. Zudem entscheidend wichtig: Um eine Roboter-Applikation abschließend auf ihre Sicherheit zu überprüfen, muss in jedem Fall eine Risikobeurteilung durchgeführt werden. In dieser werden alle möglichen Gefahren, die von der Anwendung ausgehen könnten, identifiziert und betrachtet. Bei MRK-Anwendungen muss dabei dem „Kollaborationsraum“, also dem Bereich, in dem Roboter und Mensch direkt miteinander agieren können, besonderes Augenmerk gewidmet werden. Für diesen sollte immer das Grundprinzip „So klein wie möglich, so groß wie nötig“ gelten, da für diesen Bereich nachgewiesen werden muss, dass im Rahmen der Kollaboration keine Gefahren für den Menschen auftreten können. Je größer der Kollaborationsraum, desto höher ist auch der Aufwand für die Verifizierung der Sicherheit. Bei Roboterapplikationen mit Kraft- und Leistungsbegrenzung erfolgt die Risikobeurteilung für den Kollaborationsraum mittels Messung und Berechnung von Kollisionskräften. Hierzu wurde im Februar 2016 die ISO TS 15066 herausgegeben, die speziell für diese Applikationen und die Bewertung der Sicherheit sehr viele hilfreiche Hinweise und Beispiele enthält. Um das Risiko einer Roboter-Anwendung zu beurteilen, darf zudem nicht nur der alleinstehende Roboter betrachtet werden, sondern das „große Ganze“ ist zu berücksichtigen – das heißt, die gesamte Roboterapplikation, zu der u.a. auch der Greifer und das Werkstück zählt. Denn gerade bei spitzen oder scharfkantigen Werkstücken ist im Kollaborationsraum besondere Vorsicht geboten. Besteht in solchen Fällen das Risiko einer Kollision mit dem menschlichen Mitarbeiter, kann das dazu führen, dass Sicherheitsmaßnahmen wie ein Schutzzaun, der Mensch und Roboter räumlich voneinander trennt, erforderlich sind. Fazit All diese Punkte zeigen: Automatisierung ist prinzipiell für jeden Betrieb eine machbare Lösung. Cobots sind nach erfolgreich abgeschlossener Risikobeurteilung flexibel in allen denkbaren Prozessen einsetzbar und ein echter Gewinn für jeden Betrieb, der produktiver und flexibler fertigen möchte, ohne dabei Qualität einzubüßen. Hannover Messe: Halle 17, Stand B32 www.universal-robots.com/de Im Fokus Effizienz Sicherheit Nachhaltigkeit Der Betriebsleiter 4/2018 19

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