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Der Betriebsleiter 11-12/2018

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FERTIGUNGSTECHNIK Auf

FERTIGUNGSTECHNIK Auf dem Weg zur Smart Factory Stufe 4: funktionale Vernetzung und der Digital Thread Es ist an der Zeit, dem Netzwerk aus Schlagwörtern im Umfeld von Industrie 4.0 ein weiteres hinzuzufügen. Zur Verdeutlichung der „Funktionalen Vernetzung“ ist dies der „Digital Thread“ – zu Deutsch: der digitale Faden. Die Bezeichnung steht für den Ansatz, Daten aus unterschiedlichen IT-Systemen zusammenzuführen, um daraus neue Erkenntnisse zur Optimierung des Fertigungsprozesses abzuleiten. Aber was haben Manufacturing-Execution-Systeme (MES) damit zu tun? Ein Blick auf die heutige Fertigungsindustrie zeigt, dass MES-Systeme nach wie vor von zentraler Bedeutung sind. Aber mehr denn je muss das MES im jeweiligen Unternehmen die ihm zugedachte Rolle der zentralen Informations- und Datendrehscheibe übernehmen. Insellösungen für z. B. BDE, CAQ (Computer Aided Quality assurance) oder Traceability (Rückverfolgung) werden diesen Anforderungen definitiv nicht mehr gerecht. Zur Realisierung des „Digital Thread“ (s. Kasten) braucht es ein integriertes und interoperables System. Die funktionale Vernetzung im Sinne des Digital Thread entspricht der vierten Stufe im Vier-Stufen-Modell „Smart Factory“. Mit Stu- fe 1 soll die komplette Fertigungslandschaft transparent gemacht werden, damit in Stufe 2 die Reaktionsfähigkeit sichergestellt und verbessert werden kann. Die dritte Stufe sieht darauf basierend die Einrichtung von Regelkreisen und selbstregelnden Mechanismen vor. Dabei soll die Rolle des Menschen in der Fabrik keineswegs ersetzt, wohl aber heutigen Bedingungen angepasst werden. Letztlich sorgen alle drei Stufen dafür, dass Stufe 4 erfolgreich umsetzbar ist. Allerdings führt die funktionale Vernetzung gleichzeitig zu einer ganz neuen Komplexität – technisch und organisatorisch. Umso wichtiger ist es, dass sowohl die Fertigungsmitarbeiter als auch das Management die Eckpfeiler der 01 Funktionale Vernetzung führt zu mehr Effizienz in der Produktion Smart Factory – Transparenz und Reaktionsfähigkeit – verstehen und leben. Denn nur so ist sichergestellt, dass mit der funktionalen Vernetzung neue Möglichkeiten zur Optimierung oder sogar neue Geschäftsmöglichkeiten entstehen und nicht ein heilloses Chaos. Damit die funktionale Vernetzung auch zu den angestrebten Optimierungen führt, sollten zunächst die Anforderungen geklärt, die dafür notwendige Struktur definiert und anschließend gezielt ausgewählte Schnittstellen implementiert werden. Die folgenden Beispiele von funktionaler Vernetzung stellen eine Auswahl dar, die je nach Größe und Branche eines Fertigungsunternehmens von unterschiedlicher Relevanz sein können. Vernetzung von Produktion und Logistik MES-Systeme für sich gesehen bieten bereits Lösungen zur digitalen Abbildung der innerbetrieblichen Logistik. Durch die Vernetzung mit einem Warehouse Management System (WMS) können die vorhandenen Funktionen erweitert und somit noch leistungsfähiger werden. Beispielsweise überwacht das MES Hydra von MPDV im Rahmen der Anwendung MPL (Material- & Produktionslogistik) definierte Bestände von Material und Zwischenerzeugnissen in der Fertigung – also sog. WiP-Material (Work in Progress). Dabei arbeitet Hydra mit aktuellen Beständen in der Fertigung und verfügt damit über viel detailliertere Informationen als ein ERP, das üblicherweise nur Bestände kennt, die am Auftragsende verbucht werden. Durch die Vernetzung mit einem WMS können Materialengpässe und damit verbundene Verzögerungen mit geringem Aufwand früher erkannt, umgangen oder gar vermieden werden. Ein weiteres Beispiel: Hydra-MPL verfügt seit einiger Zeit über ein integriertes Transportmanagement im Shopfloor. Damit können Transportaufträge automatisch generiert werden – z. B. immer dann, wenn Material an einer Maschine benötigt wird oder fertiges Material abtransportiert werden soll. Die Kombination mit einem WMS würde eine automatische Ansteuerung von Transportmitteln (z. B. ein fahrerloses Transportsystem) inklusive automatischer Routenplanung ermöglichen. Durch die Übernahme von Transportaufträgen aus Hydra können wichtige Versorgungsprozesse komplett automatisiert abgebildet werden. Weitere praktische Anknüpfungspunkte analysieren die MES-Experten von MPDV aktuell

FERTIGUNGSTECHNIK mit viastore Software, einem führenden Anbieter von Software für Logistik-Prozesse. Konstruktion, Fertigung und Qualitätssicherung vernetzen Digital Thread Beim Digital Thread geht es um die Zusammenführung von Daten aus unterschiedlichen IT-Systemen zum Zweck der Anreicherung von Informationen – also die Erweiterung des Horizonts über das MES hinaus. Auf dieser Basis können Erkenntnisse zur Optimierung des Fertigungsprozesses gewonnen bzw. generelle Anforderungen (z. B. Traceability) besser erfüllt werden. Die Daten stammen aus verschiedenen Punkten der Wertschöpfung oder daran indirekt beteiligten Systemen (z. B. Logistik, Gebäudemanagement, …). Daher spricht man hier auch vom Digital Thread, der sich wie ein Faden virtuell durch die gesamte Fertigungslandschaft zieht und wichtige Informationen aus unterschiedlichen IT-Systemen zusammenführt. Ein anderes, anschauliches Beispiel der funktionalen Vernetzung ist die Nutzung von Modelldaten aus der Konstruktion (z. B. CAD-Modell) zur Definition von Merkmalen, die im Rahmen der fertigungsbegleitenden Qualitätsprüfung erfasst werden. Damit wird die bisher manuelle Prüfplanung deutlich erleichtert, da viele Parameter der zu prüfenden Merkmale (z. B. Zielwert und Toleranz) direkt und automatisiert aus dem CAD-Modell übernommen werden. Das reduziert sowohl den Aufwand für die Planung als auch das Risiko von Tippfehlern. Die erfassten Prüfergebnisse dienen im Anschluss nicht nur der Qualitätssicherung in der Fertigung, sondern werden auch an den Konstrukteur zurückgespielt. Dieser wiederum kann auf dieser Basis Verbesserungen am Produkt selbst vornehmen, somit schon im Design für eine höhere Produktqualität sorgen und gleichzeitig die Fertigung durch die Reduzierung von Nacharbeit entlasten. Erste Funktionen zur Übernahme von Prüfmerkmalen aus CAD-Modellen bietet Hydra bereits – eine Ausweitung des Funktionsumfangs ist in Diskussion. Eine weitere realisierte Anwendung in dieser Richtung ist die Übernahme von NC-Programmen aus einem Product Lifecycle System (PLM). Mit Hydra-DNC können diese Daten dann in Abhängigkeit zum anstehenden Auftrag direkt an der Maschine verwendet werden. Hydra-DNC ist bereits bei einer Vielzahl von Fertigungsunternehmen im Einsatz. Vom digitalen Zwilling zum Digital Thread 02 Vernetzung von Produktion und Logistik sorgt für mehr Effizienz im Fertigungsalltag Die genannten Beispiele funktionaler Vernetzung basieren auf der Zusammenführung von Daten aus unterschiedlichen Systemen im Sinne des „Digital Thread“. Dabei erweitert insbesondere die Anbindung des Konstruktionsbereichs an das MES den Blickwinkel auf den kompletten Lebenszyklus eines bestimmten Produkts. Der digitale Zwilling der Produktion bzw. einzelner Produkte bekommt damit eine Zeitachse. Davon profitieren Hersteller und Nutzer. Gerade in Zeiten immer kürzerer Lebenszyklen und stetig steigender Variantenvielfalt ist eine solche Rückkopplung wichtig, um schnell und nachhaltig aus den gemachten Erfahrungen lernen zu können. Mit Hilfe der funktionalen Vernetzung und des Digital Thread können alle Beteiligten vom gemeinsamen Wissen profitieren und so aus Fehlern sofort lernen. Die zielgerichtete funktionale Vernetzung fördert darüber hinaus den weiteren Ausbau aller vorangehenden Stufen der Smart Factory: Transparenz, Reaktionsfähigkeit und Selbstregelung. Damit wird aus dem Vier-Stufen- Modell selbst ein Regelkreis zur Fertigungsoptimierung ganz im Sinne von Industrie 4.0. sps ipc drives: Halle 5, Stand 206 www.mpdv.com Im Fokus Effizienz Nachhaltigkeit Sicherheit Doppelte Lebensdauer ... smarte Überwachung. Neue Generation System P4.1für längste Wege Abrieboptimierte und schmierfreie iglidur ® Bolzen-/Bohrungverbindung der Kettenglieder zur Verminderung der Reibung. Verfahrwege über 800 m, Geschwindigkeiten von mehr als 5m/s.Optional: Smarte Technologie zur vorausschauenden Wartung. www.igus.de/P4-1 plastics for longer life ® igus ® GmbH Tel. 02203-9649-800 info@igus.de Besuchen Sie uns: SPS IPC Drives, Nürnberg – Halle 4 Stand 310 | Intec, Leipzig – Halle 2 Stand C06 Igus.indd 1 06.11.2018 13:05:27 Der Betriebsleiter 11-12/2018 9

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