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Der Betriebsleiter 11-12/2018

Der Betriebsleiter 11-12/2018

DRUCKLUFTTECHNIK I

DRUCKLUFTTECHNIK I SPECIAL Mit Unterdruck höchst produktiv Energieeffiziente und zuverlässige Verdichtertechnik in der Tabakindustrie Unterdruck ist ein wichtiger Faktor in diversen Prozessschritten der Zigarettenproduktion. Die für die Erzeugung benötigten Verdichter haben daher eine Schlüsselfunktion: Sie müssen effizient, störungsfrei und wartungsarm arbeiten. Wie dies die in Trier ansässige deutsche Gesellschaft des drittgrößten internationalen Tabakkonzerns sicherstellt, lesen Sie nachfolgend. Wir schreiben das Jahr 1908, als in Trier die ersten schlanken Tabakprodukte die Zigarettenfabrik von Heinrich und August Neuerburg verlassen. Die beiden Brüder erkannten die Zeichen der Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts: Moderne Zigaretten waren der neue Tabaktrend und liefen den bis dato allseits beliebten Zigarren den Rang ab. Heute steht die Zigarettenproduktion in Trier unter dem Label von JT International Germany GmbH – deutsche Tochtergesellschaft der JT International SA, Tochter wiederum von Japan Tobacco Inc. mit bekannten Markennamen wie Camel, Benson & Hedges oder Winston. 20 000 Zigaretten sind es, die moderne Maschinen heute herstellen – pro Minute wohl gemerkt. „Das ist ein sehr anspruchsvoller Prozess, der sicher beherrscht werden will“, weiß Arnhelm Köster, Leiter der Betriebstechnik bei JTI in Trier. 50 Milliarden Zigaretten hat das Trierer Werk letztes Jahr produziert. Angesichts dieser hohen Produktivität mit Geschwindigkeiten, die weit oberhalb der eigenen optischen Wahrnehmung liegen, läuft nichts ohne die Haltekräfte des Unterdrucks. Hohes Tempo mit Unterdruck Um die Bedeutung des hochverfügbaren und präzise eingestellten Unterdrucks von rund 340 Millibar zu erschließen, lohnt sich der Blick auf die Abläufe einer Zigarettenmaschine. Das hohe Tempo macht es unmöglich, Halte- und Übergabefunktionen wahrzunehmen. „Bei gut 20 000 Stück in der Minute treten Fliehkräfte auf, denen wir haltend entgegenwirken müssen. Mechanische Lösungen würden unweigerlich Verformungen, Abdrücke und Beschädigungen der empfindlichen Zigaretten mit sich bringen“, erklärt Arnhelm Köster. Mit einem Druck, der etwa einem Drittel des üblicherweise herrschenden Atmosphärendrucks entspricht, wird das Zigaret- tenpapier von der Rolle außen an eine Kontur gesaugt, damit sich dieses um einen rund geformten Endlostabakstrang legen kann. Das Papier wird an der Längsnaht verleimt, der fertige Zigarettenendlosstrang wenig später auf Länge geschnitten. Unterdruck ist ebenfalls notwendig, um die Zigarettenabschnitte im Durchlaufverfahren mit ihren Filtern zu verbinden. Diese Prozesse lassen sich mit einem schnell drehenden Karussellverbund aus zylindrischen Produktträgern vergleichen, die synchron die Zigaretten von einer Station in die nächste übergeben. Der Unterdruck wirkt dabei über kleine Löcher in den Ausbuchtungen, in denen die Zigaretten liegen. Im Inneren der Zylinder gibt es so genannte Vakuumspiegel. Sie fungieren als Abdichtung zwischen Zonen unterschiedlichen Drucks. Hintergrund: Bevor eine Zigarette an eine Station übergeben wird, müssen die Ansaugkräfte ausbleiben, damit das Produkt sich von seinem Platz lösen kann. Auf der Gegenseite muss der Unterdruck hingegen anliegen, da die Zigarette sonst bei der Übergabe den Kontakt verlieren würde. Schraubenverdichter haben Schlüsselfunktion Der kurze Einblick in das Prinzip der modernen Zigarettenherstellung macht die Bedeutung der Unterdruckerzeugung deutlich. „Und Unterdruck brauchen wir in großen 01 Die speziellen Prozessschritte bei der Zigarettenherstellung erfordern Unterdruck in großen Mengen Autor: Thorsten Sienk, freier Fachredakteur, Bodenwerder

SPECIAL I DRUCKLUFTTECHNIK edundanz ist in der Betriebstechnik ein genauso großes Thema, R wie die Energieeffizienz. Ich erwarte, dass die Verdichter effizient, störungsfrei und wartungsarm arbeiten. Die Aggregate sollen über einen langen Zeitraum einfach ihren Job machen. Arnhelm Köster, Leiter der Betriebstechnik bei JTI in Trier Mengen“, betont Arnhelm Köster. JTI war im Zuge allgemeiner Modernisierungen und einer Betriebserweiterung auf der Suche nach einem Partner für diese Schlüsselfunktion, die im Werk Trier in drei zentralen Stationen untergebracht ist. Zwei Aerzen Schraubenverdichter vom Typ Delta Screw arbeiten heute rund um die Uhr in der Station 3. Sie ist die neueste und auch die, deren Leistung am meisten abgerufen wird. Zwei weitere Stationen mit älteren Geräten sind zwar ebenfalls mit dem Prozessluftnetz verbunden, dienen aber mit Blick auf die Betriebssicherheit mehr der Redundanz. Mit dieser Aufgabenverteilung stellt JTI im Dreischichtbetrieb die Verfügbarkeit sowie den größtmöglichen Wirkungsgrad sicher. „Redundanz ist in der Betriebstechnik genauso ein großes Thema, wie die Energieeffizienz.“ Daraus leitet sich für den Leiter der Betriebstechnik direkt das Anforderungsprofil an die Verdichter ab: „Ich erwarte, dass sie effizient, störungsfrei und wartungsarm arbeiten. Die Aggregate sollen über einen langen Zeitraum einfach ihren Job machen.“ Enge Projektzusammenarbeit Die Entscheidung für Aerzen sei das Ergebnis einer umfangreichen Marktanalyse gewesen. Zudem gab es eine Empfehlung von den Kollegen des JTI Global Engineerings. „Wir vergleichen Daten wie etwa den Energieverbrauch über den Lebenszyklus hinweg und sehen uns auch Referenzprojekte an. Neben der Energieeffizienz zählen natürlich auch Attribute wie eine hohe Maschinenverfügbarkeit, zahlreiche Sicherheitsaspekte und ein niedriges Wartungsaufkommen für das Produktportfolio des niedersächsischen Maschinenbauers“. Die enge Zusammenarbeit mit dem Aerzen-Engineering tat ihr Übriges, um die Modernisierung und Aufrüstung der Produktionsstrecke schnell und reibungslos zu bewerkstelligen. „Es gibt Unternehmen, die produzieren gute Produkte und es gibt Firmen, die außerdem mit Entwicklungsleistung überzeugen können – bis hin zur gemeinsamen Planung von Projekten. Beispielsweise, wenn es darum geht, wie die neue Technik am besten in bestehende Infrastrukturen integriert werden kann“, beschreibt der JTI-Betriebsleiter die positive Zusammenarbeit mit Aerzen. Dabei stehe die Kommunikation an erster Stelle. „Wir sind auf einer Wellenlänge“. Faktoren wie diese sind entscheidend, Investitionsprojekte mit dem besten Ergebnis abzuschließen. Gleiche Technik auch für spanisches Werk Der Erfolg in Trier führte schließlich dazu, dass die gleiche Technik jetzt auch im JTI- Produktionswerk auf Teneriffa im Einsatz ist. Die Delta Screw- Aggregate des Typs VML 95 sind auf den Kanaren wie in Trier ausgestattet mit einem per Frequenzumrichter drehzahlgesteuerten Direktantrieb. Mit einer Antriebsleistung von 315 kW liefert jede Einheit einen maximalen Volumenstrom von 5760 Kubikmetern mit größtmöglicher Energieeffizienz. Der notwendige Leistungsbedarf ist direkt gekoppelt an eine Drucküberwachung. Die beiden VML 95 Schraubenverdichter werden mittels der Aggregatesteuerung AE- Rtronic an ein übergeordnetes System angebunden. Damit hat JTI die Möglichkeit die beiden Maschinen optimal im Verbund zu betreiben. Zudem ist dies der Weg für die Maschinenüberwachung. „Wir wollen wissen, wie es unseren Anlagen geht und wie gut sie laufen“, meint Ulrich Kirchen, Energieanlagenelektroniker bei JTI. Die Einbindung der Deltra Screw VML95 in die Leitebene macht dabei den Weg frei für eine vorbeugende Wartung und die Zustandsüberwachung in Ist-Zeit. Mit der richtigen Analyse von Betriebszuständen und Einzelwerten können die Betriebstechniker etwa sichere Aussagen darüber treffen, wann die zwischen Produktion und Schraubenverdichter geschalteten Filter soweit zugesetzt sind, dass sie ausgetauscht werden müssen. Diese Maßnahmen sind notwendig, um die Schrauben der Delta Screw vor nicht zu vermeidendem Staub oder Tabakpartikeln aus der Produktion zu schützen. Fazit Der Blick in die Betriebstechnik bei JTI zeigt, welchen Stellenwert Gesamtsysteme inklusive einer engen Engineeringzusammenarbeit in Projekten einnehmen. Dabei 02 Schraubenverdichter von Aerzen sorgen bei JTI in Trier für perfekten Unterdruck 03 Die Delta Screw Schraubenverdichter arbeiten mit einer eigenen Steuerung. AERtronic ist wiederum an die übergeordnete Steuerung angebunden werden Investitionsentscheidungen immer weniger in Folge einzelner Maschinenpreise getroffen, sondern aufgrund einer detaillierten Analyse der Gesamtbetriebskosten. Hierbei spielt auch die Maschinenverfügbarkeit eine zentrale Rolle, weil der Produktionsausfall bei einer Störung meist einen vielfachen Wert dessen annimmt, was anfangs vielleicht beim Kaufpreis eingespart wurde. Bilder: 01 JTI, 02-03 und Bild zu Statement sienk.de www.aerzen.com Im Fokus Effizienz Sicherheit Nachhaltigkeit Der Betriebsleiter 11-12/2018 31

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