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Der Betriebsleiter 11-12/2017

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FERTIGUNGSTECHNIK Fast

FERTIGUNGSTECHNIK Fast alles ist möglich Additive Fertigung industrieller Serienprodukte Bereits seit 2010 nutzen die Werkzeugbau-Mitarbeiter bei Phoenix Contact die additive Fertigung zur Herstellung von Prototypen, Funktionsmustern, Formwerkzeugen, Spritzgießformen und Einsätzen für Spritzgießwerkzeuge. Aufgrund der positiven Erfahrungen bei der industriellen Verwendung des 3D-Drucks hat das Unternehmen dann im September 2016 das Start-up Protiq GmbH gegründet. Was das Leistungsspektrum des Start-ups besonders macht, wird im Folgenden erläutert. Bei der Stereolithographie handelt es sich um ein laserbasiertes Verfahren, das mit Photopolymer-Harzen arbeitet. Aus diesen wird das Bauteil schichtweise aufgebaut und mit UV-Licht ausgehärtet. Protiq setzt neben der Stereolithographie auch andere Druckverfahren wie das Lasersintern von technischen Kunststoffen, das selektive Laserschmelzen von Metallen und den Kera- Autor: Dr. Ralf Gärtner, Geschäftsführer, und Johannes Lohn, Technologiemanager Additive Fertigung, Protiq GmbH, Blomberg mik-3D-Druck ein. Im Rahmen der industriellen Serienproduktion – dem Direct Manufacturing – wird die additive Fertigung bislang hauptsächlich zur Erstellung von Nischenprodukten genutzt. Typische Anwendungsbereiche sind die Medizintechnik sowie die Luft- und Raumfahrt. Dies liegt unter anderem daran, weil die standardmäßig beim 3D-Druck verwendeten Materialien die Anforderungen der Elektronik- oder Automobilindustrie nicht erfüllen. Vor diesem Hintergrund hat Protiq eine optimierte Lasersinter-Anlagentechnik entwickelt, um auch Serienprodukte aus Kunststoff direkt und werkzeuglos herstellen zu können. Als Material werden technische Kunststoffe wie Polyamid 6 eingesetzt. Entwicklung einer eigenen Lasersinter-Anlage Beim Lasersintern bauen sich die Kunststoffbauteile ebenfalls schichtweise in drei Schritten auf. Zuerst wird eine 0,06 bis 0,12 mm dünne Pulverschicht über eine oder mehrere Rakeln respektive eine Rolle aufge- Direct Tooling als weitere Kernkompetenz tragen. Heizstrahler erwärmen das Pulver anschließend bis knapp unter den Schmelzpunkt. Dann schmilzt ein Laser den schichtspezifischen Bauteilquerschnitt auf. Durch die Wiederholung der beschriebenen Prozesse – Auftragen und Vorerwärmen des Pulvers sowie Laserbelichtung – entstehen die Bauteile Schicht für Schicht. Die Verarbeitung neuer Materialien erfordert eine präzise Pulvervorerwärmung und Energieeinbringung. In der neu konzipierten Lasersinter-Anlage geschieht dies durch eine Zwölf-Zonen-Heizungsregelung, die mit Regelungstechnik von Phoenix Contact realisiert worden ist. Der Vorwärmprozess wird von entsprechender Sensorik überwacht. Außerdem bietet die Anlagentechnik die Möglichkeit, Hochtemperaturkunststoffe bei einer Vorheiztemperatur von bis zu 350°C zu verarbeiten. Ein innovatives Pulverauftragssystem erlaubt darüber hinaus die Nutzung von schlecht rieselfähigen Pulvern. Somit können selbst kryogen vermahlene Standardgranulate für die Entwicklung neuer Materialien verwendet werden. Ein verstellbarer Laserspot (0,23 mm bis 2 mm) sorgt für eine hohe Detailauflösung bei gleichzeitig schneller Aufbaugeschwindigkeit. Das neue Material PA6X eröffnet ferner weitere Einsatzgebiete für die lasergesinterten Bauteile. Als besonders interessant erweist sich das Material zur Nutzung bei hohen Temperaturen. Neben dem hohen Schmelzpunkt von 212°C liegen auch die mechanischen Kennwerte deutlich über den Eigenschaften der Standardmaterialien. Erstellung komplexer Kleinstbauteile Das Angebotsspektrum von Protiq im Bereich 3D-Druck beinhaltet zudem eine große Auswahl an metallischen Werkstoffen. Beim selektiven Laserschmelzen werden die Bauteile ebenfalls schichtweise mit einem Hochleistungslaser aus Pulvermaterial aufgebaut. Speziell für die Elektroindustrie hat Protiq ein hochleitfähiges Kupfermaterial entwickelt. Von massiven Bauteilen bis zu Kupferkontakten mit hoher elektrischer Leitfähigkeit eignet sich dieses Material für viele Einsatzbereiche. Selbst hochkomplexe und effiziente Induktionsspulen sind kostengünstig und direkt aus dem hochleitfähigen Kupfer druckbar. Werden die verschiedenen 3D-Druckverfahren – Stereolithographie, Lasersintern und selektives Laser- Eine weitere Kernkompetenz von Protiq liegt im Direct Tooling. Dieser Ansatz beschreibt die additive Fertigung von Produktionswerkzeugen und deren Nutzung in der Serienherstellung. Beispielsweise lassen sich durch den 3D-Druck bei Spritzgießwerkzeugen neue Geometrien realisieren und effizientere Werkzeuge hinsichtlich der Aspekte Gewicht, Durchlaufzeit und Zykluszeit erstellen. 14 Der Betriebsleiter 11-12/2017

FERTIGUNGSTECHNIK 01 Auch hochpräzise, glatte und strahlend weiße Keramikbauteile können direkt dreidimensional gedruckt werden 02 Speziell für die direkte Produktion von Serienbauteilen aus Polyamid 6 hat Protiq eine neue hochpräzise Lasersinter- Anlagentechnik entwickelt 03 Durch Metall-Laserschmelzen produziert Protiq extrem leichte und hocheffiziente Spritzgießwerkzeuge mit konturnaher Kühlung schmelzen – kombiniert, lassen sich die additiv gefertigten Elemente zu funktionsfähigen Bauteilen montieren. Ergänzend zu Kunststoff und Metall fertigt Protiq auch Keramikbauteile. Die Grundlage für die hochleistungsfähige technische Keramik bildet eine Keramikpulver-Monomer- Suspension, mit der schichtweise ein sog. Grünkörper geschaffen und unter UV-Licht ausgehärtet wird. Danach erfolgt eine thermische Behandlung bei bis zu 1600 °C. Die als Hilfsstoff genutzten Photopolymere werden dann beim Entbinden entfernt und die keramischen Partikel im abschließenden Sinterprozess verdichtet. Die besonders glatten, strahlend weißen Bauteile sind hochpräzise, resistent gegen Säure, Lauge und Hitze und weisen darüber hinaus gute elektrische Isolationseigenschaften auf. Daher bietet sich der Keramik-3D-Druck für komplexe Kleinstbauteile an. Digitalisierung des kompletten Prozesses Um die Geschwindigkeit des additiven Fertigungsverfahrens nicht durch den üblichen Bestellprozess zu verzögern, stellt Protiq seinen Kunden eine durchgehend digitale Online-Plattform zur Verfügung. Sie haben somit die Möglichkeit, ihr Produkt online zu konfigurieren und erhalten unmittelbar eine Auskunft über Herstellungskosten und Lieferzeit. Zu diesem Zweck laden die Kunden ihr individuelles Bauteil als dreidimensionales Modell auf die Internetplattform und wählen Material, Farbe und die gewünschte Oberflächen-Veredelung aus. Automatisch wird vor der Produktion eine Qualitätskontrolle der angelieferten Daten durchgeführt und eine Testsoftware erledigt kleinere Reparaturarbeiten selbständig. Bei größeren Berichtigungen werden die Auftraggeber informiert und ihr Einverständnis eingeholt. Mit Abschluss des Bestellvorgangs wird die Fertigung automatisch angestoßen und der Kunde fortlaufend über den aktuellen Zustand seines Auftrags informiert. Auch nach der Herstellung durchlaufen die Objekte eine Qualitätskontrolle. Anschließend können sie materialabhängig gestrahlt, geschliffen, poliert, gefräst sowie in einem beliebigen RAL-Ton lackiert werden. Außerdem montieren die Protiq-Mitarbeiter aus den 3D-gedruckten Einzelteilen auf Wunsch komplette Baugruppen. Der Einsatz der additiven Fertigung ist also vielfältig. Er erstreckt sich von Ersatzteilen über Gehäuseteile, Vorrichtungen mit Filmscharnier oder Rasthaken, Urmodelle für Gießverfahren, transparente Bauteile für Linsen und Lichtwellenleiter bis zu Federelementen und Kupferkontakten mit hoher elektrischer Leitfähigkeit. Um das umfassende Leistungsspektrum von Protiq kennenzulernen, können sich die Interessenten sogar personalisierte Produkte aus Edelstahl wie Gürtelschnallen, Kugelschreiber oder Manschettenknöpfe drucken lassen. www.protiq.com Im Fokus Effizienz Sicherheit Nachhaltigkeit leicht kompakt dicht Verschlussschraube zur Vermeidung von unwirtschaftlichem Druckluft-Verlust. Für Anschlussmaß ISO 16030. Mit montiertem O-Ring, erhältlich schon ab M 3. Entwickelt speziell für die Anforderungen in der Pneumatik. HN P | VERSCHLUSSSCHRAUBE Unsere Lösung für dichte Systeme It’s our turn. heinrichs.de Heinrichs.indd 1 06.10.2017 11:42:59 Der Betriebsleiter 11-12/2017 15

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