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Der Betriebsleiter 5/2015

Der Betriebsleiter 5/2015

MONTAGE- UND

MONTAGE- UND HANDHABUNGSTECHNIK Moderne rationelle Metallverarbeitung inklusive vor- und nachbereitender Tätigkeiten ist heute praktisch nicht mehr ohne Industrieroboter denkbar. Besonders die immer weiter entwickelte Software, die Übernahme plus Integration vielfältiger Funktionen und die zunehmende informationstechnologische Vernetzung eröffnen weitergehende Perspektiven zur Industrie 4.0. Nachfolgend werden beispielhafte Robotertätigkeiten um die Metallverarbeitung aufgezeigt. Metall und Roboter Eine Erfolgsgeschichte in der rationellen Metallverarbeitung Beim Herstellen komplexer Getriebegehäuse ist es Georg Fischer Automotive (GF) gelungen, die Abmessungen beizubehalten und den Fertigungsablauf zu automatisieren. Industrieroboter übernehmen dabei wichtige Handlingaufgaben. Um die hohe Getriebeleistung zu gewährleisten, müssen die Kanäle das Öl gezielt an definierte Stellen innerhalb des Getriebes transportieren. Statt diese Leitungen wie konventionell üblich nach dem Gießen mit spanender Bearbeitung zu erzeugen, legen Roboter jetzt bereits in die Druckgießform 3-D-geformte Rohre ein. Die gebogenen Rohrstücke müssen exakt im noch „freien Raum“ der Form positioniert und fixiert sein. Ebenso sind auch die definierten Fertigungsbedingungen inklusive Störkonturen der Form zu beachten. Ein Ergebnis der Simultaneous Engineering-Prozesse ist die spezifische Roboterhand bzw. ihr Greifer. Er ist so ausgelegt, dass er sowohl Einzelrohre als auch Rohrpakete vom Palettenförderer greifen und sie sicher in die Form einlegen kann. Die Bewegungen des Handlingroboters IRB 6640 und die zusätzlichen des komplexen Greifers koordiniert die Robotersteuerung IRC5. Innerhalb einer 8HP-Zelle laufen die Prozessschritte Druckgießen des Gehäuses, Entnehmen des Gehäuses, Handling zwischen Teilekontroll-, Gravier-, Grob- und Feinentgratstationen sowie anschließendem Sandstrahlen ab. Die Handlingaufgabe in der Gießzelle übernehmen die Roboter IRB 6640. Der Handlingroboter bewegt sich in diesen Zellen auf Verfahrachsen. In der Finishzelle im Anschluss an das Sandstrahlen arbeitet ein IRB 6620. Mit Hilfe eines Vision-Systems kann er die unterschiedlichen Gehäuse erkennen und präzise greifen. Zusätzlich stellen die Gieß- und die Finishzellen Qualitätsdaten zur Verfügung. So kann der Anwender alle Prozesse automatisiert in vernetzten Systemen ausführen. Individueller Life-cycle-Service Schweißprozess und Roboterbewegung intelligent abgestimmt Schweißen ist zwar eine der ältesten industriellen Roboteranwendungen, aber auch hier bringt die digitale Informationstechnologie bemerkenswerte Fortschritte. Dies belegt die ABB SpeedWeldPac-Technologie. Konstante Streckenenergie bildet beim Lichtbogenschweißen die Basis für höchste Qualität. Besonders bei komplexen Naht- Dem Anwender bietet ABB einen Service, der die Lebensdauer seiner Roboter verlängert, deren Verfügbarkeit erhöht und eventuelle Betriebsrisiken mindert. Mit diesem Remote Service kann der Anwender seinen Roboter statt vorbeugend jetzt aktiv vorausschauend warten. Vorausschauend basiert auf dem datenmäßig erfassten realen Ist-Zustand des Roboters und seiner Teile. Dieses kombinieren die ABB Experten mit der Wahrscheinlichkeit, zu welchen Konsequenzen dieser Zustand führen kann. Dazu überwacht ein Remote-System den Roboter permanent. Es erfasst möglicherweise kritische Zustände bezüglich der Lasten, Temperaturen, des Stromflusses oder der Lüftergeschwindigkeit. Bei Abweichungen erfolgt eine Meldung an den Nutzer. Alternativ kann eine Assistenzsoftware die weitere Lebenserwartung der Komponenten errechnen und einen Wartungsplan entwickeln. In kritischen Situationen bemerkt das System selbsttätig die Gefahrenlage und veranlasst Warnungen z. B. als E-Mail oder SMS direkt an den Nutzer. Oft kann der Anwender die erforderlichen Maßnahmen selbst durchführen bzw. veranlassen. Wenn er Unterstützung benötigt, kann er direkt und schnell einen Experten des Roboterherstellers hinzuziehen. 22 Der Betriebsleiter 5/2015

MONTAGE- UND HANDHABUNGSTECHNIK 01 Die Aufgabe, alle Abläufe vom Einlegen der Rohrelemente bis zum Übergeben der gegossenen Gehäuse zu automatisieren, übernimmt der Roboter IRB 6640 02 Mit SpeedWeldPac kommunizieren die Stromquelle und der Roboter direkt: Konstante Streckenenergie und höchste Schweißqualität überzeugen als Ergebnis 03 Die Roboterportalanlage zum Be- und Entladen nutzt als Bewegungsraum nur den Hallenbereich über den Maschinen 04 Als Endreiniger von Schneidöl und Spänen fungieren die beiden Industrieroboter IRB 1600 geometrien und hohen Schweißgeschwindigkeiten stellt das die Programme der Roboter- und Schweißsteuerung vor anspruchsvolle Aufgaben. In Bahnkurven verringert sich die Geschwindigkeit der robotergeführten Schweißdrahtelektroden bzw. des TCP (Tool Center Point), und in Wendepunkten liegt sie bei der Roboterumorientierung sogar kurzzeitig bei Null. Rechnerisch für jeden Bahnpunkt die für eine konstante Schweißenergie erforderlichen Parameter zu ermitteln, scheitert in der Praxis. ABB Automation und SKS Welding Systems lösen dies: Das Daten-Kommunikationsprotokoll SpeedWeldPac übersetzt die Signale zwischen Rechner und Stromquelle in Echtzeit. In dem datentechnisch vereinten System erfährt die Steuerung der Stromquelle z.B. die Ist-Geschwindigkeit des TCP vom Roboter und regelt mit dieser Information ihre Parameter. Trotz unterschiedlicher Geschwindigkeiten, Beschleunigungen und Verzögerungen ergibt sich so stets eine kons tante Streckenenergie Ein Anwender ist die Craemer-Gruppe, Zulieferer führender Automobilhersteller z.B. mit Sitzschalen. „Einige der Sitzstrukturteile fügen wir im MAG-Schweißverfahren zu Baugruppen“, erklärt Reiner Veit, Fertigungsleiter Metall bei der Paul Craemer GmbH. Mitte 2012 installierte das Unternehmen eine vierte Schweißzelle FlexArc zum Fügen von Sitzstrukturteilen. Sie ist mit einem Industrieroboter IRB 1600 und einem drehbaren Werkstückpositionierer IRB R-600 ausgestattet. Je eine Haltevorrichtung für die Werkstücke befindet sich im Arbeitsraum der Zelle oder im von außen zugänglichen Be- und Entladebereich. So kann der Maschinenführer die zu schweißenden Teile in die Haltevorrichtung einlegen, während der IRB 1600 auf der an- deren Seite innerhalb der Schweißzelle schweißt. Ist er fertig, dreht der Maschinenführer den Positionierer um 180°, entlädt die geschweißten Teile und befüllt die Vorrichtung erneut. Auf diese Weise verringern sich die Nebenzeiten drastisch. In die neue Zelle ist die Kommunikationsschnittstelle SpeedWeldPac von ABB und SKS Welding Systems integriert. Statt wie bisher jede Bewegung des Roboters aufwändig zu programmieren, verbindet SpeedWeldPac nun die Schweißanlage mit dem Roboter – konkret die Schweißprozesssteuerung Q8 mit der Robotersteuerung IRC5. „Wir erzielen durch das SpeedWeld- Pac ein optimales Schweißergebnis mit konstantem Einbrand und gleicher Nahtoptik an allen Punkten der Schweißnaht – sogar an den Wendepunkten“, ergänzt Veit. Außer von der technischen Innovation ist der Fertigungsleiter auch von der unkomplizierten Implementierung der Schweißzelle begeistert. Die Zelle wurde von ABB komplett vormontiert und sozusagen als Plug-and-play-Version ausgeliefert. So konnte sie innerhalb von nur drei Tagen nahtlos in den Produktionsablauf der Paul Craemer GmbH integriert werden. Reinigen fertiger Werkstücke An und in Metallwerkstücken haften nach den Bearbeitungsprozessen meist Reste von Kühlschmierstoff, Öl, Späne u.a. Verunreinigungen. Vor der Oberflächenbehandlung, mechanischen Markierungen, Aufdrucken oder anderen Kennzeichnungen bzw. vor dem Ausliefern sollen diese Reste entfernt werden. Häufig schließt sich ein Prüf- oder Testprozess an. An allen genannten Tätigkeiten können Roboter aktiv beteiligt sein. Exemplarisch wird hier ein robotergestützter Reinigungsprozess beschrieben. Eine Anlage zum Bearbeiten von Aluminium-Druckgussteilen enthält drei Dreh- Fräs-Bearbeitungszentren (BAZ) sowie ein Rundtaktzentrum. Das Be- und Entladen der Maschinen übernimmt eine Roboter- Portalanlage. Alle Maschinen und Funktionen inklusive der Sicherheitstechnik sind bis zur BDE (Betriebsdatenerfassung) informationstechnisch vernetzt. Den Abschluss bildet eine Waschanlage. Der Handlingroboter der Bearbeitungslinie fördert die bearbeiteten Teile (hier: Gehäuse) in die Waschanlage. Mit seinem Doppelgreifer entnimmt der Roboter zuerst das Fertigteil aus der Waschstation, dreht dann seine Hand mit dem Greifer und belädt die Station mit einem zu reinigenden Teil. Der Waschprozess besteht aus dem pulsartigen Tauchen in 60°C warmes Wasser und dem Beaufschlagen mit Ultraschall, um Öl und feine Partikel zu lösen. Die gereinigten Fertigteile setzt der Roboter auf die Ladungsträger ab. Das Verkettungssystem, eine umlaufende Rollenbahn mit Werkstückpaletten, transportiert sie zur Ausblasstation. Zwei Gelenkarmroboter IRB 1600 entfernen dort mit aus Düsen austretender Luft eventuelle restliche anhaftende Partikel. Außerdem blasen die Luftlanzen die zirka 85 Bohrungen sowie 20 Kühlrippen aus und trocknen sie. Danach transportieren die Werkzeugträger die Gehäuse zum Prüfplatz. Bilder: 01-02 ABB, 03-04 Luca Siermann www.abb.de/robotics Im Fokus Effizienz Sicherheit Nachhaltigkeit Der Betriebsleiter 5/2015 23

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