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Der Betriebsleiter 4/2017

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Autarkie, die sich

Autarkie, die sich rechnet Komplettanlage liefert hochreinen Stickstoff für Laserschneidmaschine Mit der Anschaffung einer neuen leistungsstärkeren Laserschneidmaschine stieg bei Hohmann Gerätebau in Bretten der Bedarf an hochreinem Stickstoff. Dessen Bereitstellung in Form von Flaschenbündeln erwies sich zunehmend als teuer und ineffizient. Daher wurde in eine eigene Station zur Stickstofferzeugung investiert – mit zwei drehzahlgeregelten Schraubenkompressoren von Atlas Copco. Damit ist Hohmann nun autark. Die Hohmann Gerätebau e.K. fertigt seit 1998 kundenspezifische Produkte aus Edelstahl für die Bereiche Medizin, Pharmazie, Gastronomie und für die Möbelindustrie. Was im handwerklichen Maßstab begann, hat sich inzwischen zu einem Unternehmen mit 16 Mitarbeitern und einer hochmodernen industriellen Fertigung entwickelt. Herzstück der Produktion ist eine komplett automatisierte Laserschneidmaschine, auf der rund zwei Drittel aller Aufträge bearbeitet werden. „Beim Laserschneiden von Edelstahl verhindert der Stickstoff, dass sich an den Schneidkanten eine Oxidschicht bildet“, erklärt Firmenchef Ulrich Hohmann. „Dafür ist die Stickstoffreinheit 5.0 bzw. 99,999 Prozent erforderlich. Sobald ich eine geringere Reinheit verwende oder mit Druckluft schneide, bekomme ich Anlassfarben, und die können Ansatzpunkte für Korrosion sein. Und da wir in der Lebensmittel- und der Medizintechnik tätig sind, müssen wir Korrosion unbedingt vermeiden. Außerdem benötigen wir Stickstoff zum Belüften des Strahlengangs unseres Lasers.“ Den erforderlichen Stickstoff bezog Ulrich Hohmann in Form von Flaschenbündeln, die auf einer Palette angeliefert wurden. Doch die positive Auftragslage und die Anschaffung eines neuen, leistungsstärkeren Lasers ließen den Stickstoffverbrauch und damit die Betriebskosten in den letzten Jahren stetig steigen. „Eine Faustregel besagt, dass sich ab einem Verbrauch von zwei Flaschenbündeln in der Woche eine Tanklösung lohnt, bei der ein fest installierter Tank in Abständen von einem Lieferanten mit flüssigem Stickstoff befüllt wird“, erläutert Ulrich Homann. „Die Tanklösung wäre bei uns jedoch durch die abschüssige Einfahrt zur Halle relativ kompli­ ziert geworden. Außerdem bin ich ein Freund autarker Lösungen und habe deshalb nach Möglichkeiten gesucht, den Stickstoff selbst zu erzeugen.“ Sonderlösung für hohen Druck von 30 bar Bei diesem Vorhaben gab es jedoch zunächst eine Schwierigkeit: Laserschneidmaschinen benötigen den Stickstoff in der Regel mit einem Druck von rund 30 bar. Derart hohe Drücke lassen sich mit den gängigen N 2 -Generatoren nicht erzeugen. Die Lösung brachte schließlich die Merz GmbH Drucklufttechnik, Rastatt, ein Vertragshändler der Essener Atlas Copco Kompressoren und Drucklufttechnik GmbH. „Die marktüblichen Generatoren liefern den Stickstoff mit einem Maximaldruck von 10 bar. Für die Firma Hohmann haben wir deshalb gemeinsam mit Atlas Copco eine Komplettanlage entwickelt. Diese besteht aus zwei drehzahlgeregelten Schraubenkompressoren des Typs GA 11 VSD + FF, einem Stickstoffgenerator NGP 50 + und einem Booster“, beschreibt Geschäftsführer Christoph Merz das Konzept. „So können wir Drücke von 200 bis maximal 300 bar er­ Wirtschaftliche Drucklufterzeugung und N 2 -Produktion Die Entscheidung für die drehzahlgeregelten Kompressoren senkt nicht nur die Kosten der Stickstoffproduktion, sondern hat auch die Investitionskosten gedrückt. Denn die hocheffizienten GA-VSD + -Maschinen werden vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu 30 % gefördert. Dies reduzierte die Gesamtinvestition und verkürzt die Amortisationszeit erheblich. 36 Der Betriebsleiter 4/2017

SPECIAL I DRUCKLUFTTECHNIK zeugen und den hochverdichteten Stickstoff in einem Flaschenbündel zwischenspeichern.“ Stickstofferzeugung läuft über Nacht Erzeugt und auf 200 bar verdichtet wird der Stickstoff bei Hohmann über Nacht. „Der Sauerstoff wird schon relativ laut aus dem Generator geblasen. Diesen Geräuschpegel möchte ich nicht zusätzlich in die Fertigung bringen. Außerdem ist die Halle am Morgen durch die Abluft aus den Kompressoren schön vorgewärmt“, erklärt Ulrich Hohmann. Tagsüber, während der Produktion, wird der Stickstoff dann aus den Flaschen bis auf einen Restdruck zwischen 40 und 80 bar verbraucht. Sollte die gespeicherte Menge einmal nicht reichen, könnte die Anlage aber auch tagsüber laufen. Und sogar ein Dreischicht-Betrieb wäre theoretisch möglich, denn die maximale Fördermenge ist mit 12,6 m³/h bei Qualität 5.0 (bezogen auf einen Eingangsdruck von 7,5 bar) höher als die Entnahmemenge. Entscheidung für ein Leasingmodell „Die Anlage bedeutet eine klare Einsparung im Vergleich zu den Flaschenbündeln, die zwei- bis dreimal so teuer sind“, rechnet Hohmann. „Im Vergleich zur Tanklösung ist der finanzielle Vorteil nicht so deutlich, aber für mich waren die Autarkie sowie die Hallenbeheizung als positiver Nebeneffekt die entscheidenden Faktoren.“ Für den Stickstoffgenerator und den Booster hat Christoph Merz der Firma Hohmann einen über fünf Jahre laufenden Leasingvertrag angeboten. „Ich habe am Ende der Laufzeit die Möglichkeit, die Anlage zu übernehmen oder etwas Neues zu machen“, begründet Ulrich Hohmann seine Entscheidung für das Leasingmodell. 01 Stickstoffgenerator und Booster: Der im N 2 -Generator (hinten im Bild) erzeugte Stickstoff wird mit dem Booster auf bis zu 300 bar nachverdichtet und anschließend in einem Flaschenbündel zwischengespeichert 02 Bis der Stickstoff in der geforderten Reinheit 5.0 (99,999 Prozent) vorliegt, muss das Gas den Generator mehrfach durchlaufen. Anschließend gelangt der Stickstoff in einen zweiten Tank und von dort zur Nachverdichtung in den Booster 03 Zwei drehzahlgeregelte Kompressoren des Typs GA 11 VSD + FF von Atlas Copco (einer rechts verdeckt) liefern die für die Stickstofferzeugung und weitere Produktionsprozesse notwendige Druckluft Schraubenkompressoren beliefern N 2 -Generator Parallel zur Planung der Stickstoffanlage entschloss sich Ulrich Hohmann, auch die Drucklufterzeugung zu erneuern. Er investierte in die beiden oben genannten drehzahlgeregelten Schraubenkompressoren des Typs GA 11 VSD + FF von Atlas Copco. Diese Kompressoren ver - sorgen heute sowohl den N 2 -Generator als auch die anderen Abnehmer im Unternehmen mit Druckluft. „Die Qualität der Druckluft, die unsere alten Kompressoren lieferten, wurde zunehmend zum Problem. Denn früher haben wir den Strahlengang des Lasers nicht mit Stickstoff, sondern mit Druckluft belüftet. Die musste absolut ölfrei sein, da wir sonst den Laser beschädigt hätten“, betont Hohmann. „Außerdem waren unsere damaligen Kompressoren zwar sehr günstig in der Anschaffung, aber unglaublich wartungsintensiv. Daraus haben wir gelernt und in eine neue Station investiert, um langfristig günstiger zu fahren.“ Hohe Verfügbarkeit gab den Ausschlag Ein wesentlicher Faktor bei der Planung der Druckluftstation war die Verfügbarkeit und die damit verbundene Produktionssicherheit. Denn fällt ein Kompressor aus, steht auch die Stickstofferzeugung still. Aus diesem Grund wurde ein zweiter Kompressor als Redundanz angeschafft. Die Maschinen werden heute im wöchentlichen Wechsel gefahren. „Die Bedarfsmessung, die wir für die Planung der Druckluftanlage durchgeführt haben, ergab ohne die Stickstofferzeugung einen durchschnittlichen Verbrauch zwischen 25 und maximal 30 Litern pro Sekunde“, erläutert Christoph Merz. „Diese Menge wird für den Betrieb der Stanzen und Abkantpressen, den Laser, das Entgraten der Werkstücke und als Abblasluft an den Arbeitsplätzen benötigt. Ein GA 11 VSD + kann bei dem hier notwendigen Betriebsdruck von 7,5 bar zwischen 7,1 und 32 Liter in der Sekunde erzeugen.“ Insofern, so Merz, wäre ein Kompressor für den gegebenen Bedarf eigentlich ausreichend. Der zweite könnte auch zur Stickstofferzeugung genutzt werden, wenn diese einmal tagsüber stattfinden sollte. Um den Laser mit technisch ölfreier Druckluft zu versorgen, installierte die Merz GmbH zusammen mit den beiden Kompressoren eine Druckluftaufbereitung bestehend aus Aktivkohlefilter und Feinfilter. Diese Aufbereitungstechnik wird heute auch für die Versorgung der N 2 -Anlage genutzt. „Für den Stickstoffgenerator sind die Wenn unsere Kunden die Druckluft effizient erzeugen, haben sie auch bei der Stickstoffproduktion einen Kostenvorteil. Denn bei der Stickstofferzeugung multipliziert sich die Effizienz der Kompressoren über den Druckluftfaktor.“ Christoph Merz, Geschäftsführer der Merz GmbH Drucklufttechnik, Rastatt beiden Filter zwingend erforderlich, damit er keinen Schaden nimmt“, erklärt Merz. Rundum-sorglos-Paket Sowohl für seine Kompressoren als auch für die Stickstoff-Anlage hat Ulrich Hohmann einen Cover-Care-Vertrag mit Merz Drucklufttechnik abgeschlossen, der ihm eine fünfjährige Vollgarantie bietet. „Das ist praktisch ein Rundum-sorglos-Paket“, freut sich der Geschäftsmann. „Eine Wartung der Kompressoren haben wir jetzt schon hinter uns. Das lief durch den Redundanzkompressor völlig unproblematisch.“ www.atlascopco.de Im Fokus Effizienz Sicherheit Nachhaltigkeit Der Betriebsleiter 4/2017 37

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