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Der Betriebsleiter 4/2015

Der Betriebsleiter 4/2015

DRUCKLUFTTECHNIK I

DRUCKLUFTTECHNIK I SPECIAL Ölfrei und trocken in die Zukunft LIVE@ Spezialnahrungsproduzent setzt auf wassereingespritzte Schraubenkompressoren Norbert Barlmeyer Bei der Herstellung von Produkten für die Ernährung von Intensiv- Patienten ist absolute Sauberkeit eine unverzichtbare Voraussetzung für die hohe Qualität der Erzeugnisse. Diese hohen Qualitätskriterien muss auch die benötigte Druckluft erfüllen. Daher setzt ein Unternehmen auf absolut ölfrei erzeugte Druckluft, die von vier wassereingespritzten Anlagen im Zusammenspiel mit einer besonders durchdachten Druckluft- Aufbereitung erzeugt wird. Die Nutrichem diät + pharma GmbH in Roth bei Nürnberg entwickelt und produziert als Lohnhersteller Produkte für besondere Ernährungserfordernisse. In der Pulverproduktion mischt das Unternehmen am Markt gekaufte Erzeugnisse nach vorgegebenen Kunden-Rezepten zu neuen Produkten und füllt sie in Dosen und/oder in Beutel ab. In der Flüssigproduktion werden Pulver, Öle und Fette in flüssige Produkte eingebracht, so dass auch hier neue Produkte entstehen. Einen besonders anspruchsvollen Schwerpunkt bilden bei Nutrichem Produkte für die Ernährung von Intensiv-Patienten. Norbert Barlmeyer, Presse-Arbeit für die Drucklufttechnik, Bielefeld „Für diesen Bereich liefern wir Erzeugnisse für die enterale Ernährung, die dem Patienten über den Magen-Darm-Kanal zugeführt werden. Deshalb benötigen wir für die Herstellung unserer hochsensiblen Produkte auch eine Druckluft-Versorgung, die höchsten Qualitätskriterien entspricht“, erklärt Dr. Wolfgang Wagner, Mitglied der Geschäftsleitung bei Nutrichem und zuständig für Produktion und Technik. In der weiter zurückliegenden Vergangenheit wurde die Druckluft ausschließlich mit ölgeschmierten Kompressoren erzeugt, ein Restölgehalt von 3 bis 5 mg/m3 wurde akzeptiert. Mit der Inbetriebnahme einer neuen Produktionslinie 2008 änderte sich diese Situation, weil jetzt Packmittel mit der Druckluft in Berührung kamen. Das vorhandene Restöl in der Druckluft würde über die Verpackung das Produkt kontaminieren und könnte somit zu gesundheitlichen Risiken für die Nutzer und Patienten führen. Für die Versorgung dieses Bereichs wurde deshalb ein sofort ölfrei verdichtender Kompressor gekauft, der noch heute in Station 1 als Redundanzanlage aktiv ist. Die bei Nutrichem in Station 1 sofort ölfrei erzeugte Druckluft wurde zusätzlich in einem reichlich dimensionierten Adsorptionstrockner aufbereitet, der vorausschauend bereits für Erweiterung der Station durch einen zweiten ölfrei verdichtenden Kompressor ausgelegt wurde. Außerdem wurde für diese ölfreie Druckluft ein neues ölfreies Leitungsnetz realisiert. Damit verfügte man bei Nutrichem ab 2008 über zwei getrennte, autark nebeneinander betriebene Druckluft-Netze: ein altes Netz mit restölhaltiger Druckluft (Restölgehalt 3 - 5 mg/m3) und ein neues Netz mit ölfrei erzeugter und zusätzlich getrockneter Druckluft. Nach der Inbetriebnahme einer weiteren aseptischen Abfüllungslinie kam es im öl- freien Netz durch deutliche Druckabfälle immer wieder zu Produktionsstörungen. Das führte bei Nutrichem zu der Grundsatzentscheidung: Die Zukunft gehört der ölfreien Druckluft-Erzeugung mit wassereingespritzten, energiesparenden Schraubenkompressoren. Mit Testanlage in Richtung ölfrei Als erster Zwischenschritt wurde die Leistung der ölfreien Station 1 deshalb im Juni 2013 durch einen zweiten ölfrei verdichtenden Schraubenkompressor erweitert, dessen Druckluft ebenfalls über den bereits vorhandenen Adsorptionstrockner getrocknet wird. Mit dieser zunächst kostenlosen und zu Testzwecken zur Verfügung gestellten Anlage wurde erstmalig bei Nutrichem ein ölfrei verdichtender Schraubenkompressor des Fabrikates Renner (Typ RSWF 37 D, Motorleistung 37 kW) in Betrieb genommen. „Obwohl es sich bei dieser wasser eingespritzen Testanlage noch um ein Vorserienmodell handelte, hat die neue Renner-Anlage sofort störungsfrei gearbeitet. Wir haben uns deshalb nach einer Betriebszeit von ca. fünf Monaten im Dezember 2013 zum Kauf dieser Anlage entschlossen“, erklärt Dr. Wolfgang Wagner. Diese Station 1 mit zwei ölfreien Verdichtern und Adsorptionstrockner ist bei Nutrichem auch weiterhin in Betrieb. Großer Schritt in eine absolut ölfreie Zukunft Der große Schritt in eine absolut ölfreie Zukunft erfolgte im März 2014 mit der Entscheidung, eine zusätzliche neue zentrale Druckluft-Station zu realisieren (Station 2). Auf Grund der bisherigen guten Erfahrungen mit sofort ölfrei verdichtenden Kom-

SPECIAL I DRUCKLUFTTECHNIK Wassereingespritzte Schraubenkompressoren Renner liefert Schraubenkompressoren mit Antriebsleistungen von 3,0 bis 355,0 kW, davon 18 wassereingespritzte, ölfrei verdichtende Modelle mit Antriebsleistungen von 18,5 bis 120,0 kW (Baureihen RSW und RSWF, Höchstdrücke 8, 10 und 13 bar). Ab 26 kW sind alle wassereingespritzen Kompressoren auch in drehzahlgeregelter Ausführung lieferbar. Alle Anlagen sind serienmäßig mit IE3-Motoren ausgestattet. In den Verdichterstufen arbeiten unbeschichtete Rotore aus hochlegiertem, korrosionsbeständigem Stahl. Sie weisen auch bei höheren Drücken bis 13 bar eine sehr hohe Formkonstanz und Profiltreue auf, wodurch die Anlagen ohne signifikante Reduzierung des Wirkungsgrades arbeiten. pressoren und hier insbesondere mit der wassereingespritzten Anlage von Renner wurde die neue Station mit Kompressoren dieses Verdichtungssystems und dieses Fabrikates ausgerüstet. Mit der Inbetriebnahme dieser neuen Station im Oktober 2014 war die Erzeugung von Druckluft mit öleingespritzten Kompressoren bei Nutrichem endgültig Vergangenheit. Das alte ölhaltige Netz wurde abgebaut. Sowohl die ältere Station 1 als auch die neue Station 2 versorgen jetzt gemeinsam über das neue ölfreie Netz die gesamte Produktion. Da die neue Station in demselben Raum installiert werden sollte, in dem bis dahin die alten ölgeschmierten Kompressoren standen, hat der zuständige Druckluft-Fachhändler Orterer Druckluft-Technik (Pleinfeld) für die Aufrechterhaltung der Druckluft-Versorgung zunächst vorübergehend einen neuen Renner- Kompressor im Außenbereich aufgestellt und an das ölfreie Druckluftnetz angeschlossen. Nach der Demontage der alten ölgeschmierten Anlagen konnte dann dort die neue Station realisiert werden. Aktuell erzeugen jetzt der käuflich erworbene Renner-Test-Kompressor in Station 1 (Antriebsleistung 37 kW) und die zwei neuen Renner-Anlagen in der Station 2 (Antriebsleistung je 85 kW) die benötigte ölfreie Druckluft. Der in Station 1 noch vorhandene alte ölfrei verdichtende Kompressor wird nur noch als Redundanz vorgehalten. Die insgesamt verfügbare Gesamtleistung aller vier Verdichter ist so ausgelegt, dass auch bei Störung oder Wartung einer Anlage eine ausreichende Druckluft-Erzeugung sichergestellt ist und somit eine 100%-ige Betriebssicherheit gewährleistet wird. In der Startphase wurden alle Anlagen zunächst manuell zugeschaltet. Eine geplante übergeordnete Verbundsteuerung wird die drei drehzahlgeregelten Renner-Kompressoren bedarfsabhängig und mit höchstmöglicher Prozesssicherheit und Energie-Effizienz fahren, überwachen und Warn- und Störmeldungen liefern. Die zwei neuen wassereingespritzten Renner-Kompressoren sind wassergekühlt und an ein halboffenes Kaltwassersystem angeschlossen. Ein großes Löschwasserbecken im Gebäude dient als Puffervolumen. Bei einer zu hohen Wassertemperatur wird das Kühlwasser vor Eintritt in die Verdichter in einer Kälteanlage zurückgekühlt. Die Verdichter arbeiten mit praktisch isothermer Verdichtung und einer Verdichtungsendtemperatur von nur ca. 20°C. Sie produzieren die Druckluft mit sehr geringer Feuchte und deshalb besonders wirtschaftlich, weil bereits bis zu 80 % des normalerweise in der Druckluft enthaltenen Wassers durch die kühle Verdichtung ausgeschieden werden. Durch die reduzierte Wasserbelastung verlängern sich die Zykluszeiten der nachgeordneten Adsorptionstrockner deutlich, „Wir erzeugen unsere Druckluft jetzt nicht nur sofort absolut ölfrei, sondern auch mit höchstmöglicher Versorgungssicherheit und Energieeffizienz“ Dr. Wolfgang Wagner, Mitglied der Geschäftsleitung bei Nutrichem was hier wiederum zu einer wesentlichen Reduzierung des Energiebedarfs der Trockner führt. In den Kompressoren und in der Druckluft-Sammelleitung anfallendes Kondenswasser wird über Zyklonabscheider abgeleitet, wodurch der Eintritt von Schwallwasser in die nachgeordneten Adsorptionstrockner verhindert wird. Absolut trockene Druckluft Nutrichem benötigt aber nicht nur absolut ölfreie, sondern wegen der teilweise pulverund staubförmigen Produkte auch sehr trockene Druckluft. „Deshalb wurde in der neuen Station 2 eine Adsorptionstrocknung realisiert. Als Besonderheit haben wir hier eine extern warm- und eine kaltregenerierende Anlage installiert. Beide Anlagen wurden jeweils einzeln auf die maximale Gesamtleistung der zwei neuen Renner- Kompressoren und für einen Drucktaupunkt von –40 °C ausgelegt. Die extern warmregenerierende Anlage ist üblicherweise aktiv, während die kaltregenerierende Anlage als Redundanz vorgehalten werden soll“, betont Dipl.-Ing. Markus Steckmeier, Leiter Projekte/OEM bei Renner. Diese Zweigleisigkeit garantiert auch im Störungs- oder Wartungsfall eine zuverlässige Versorgung mit trockener Druckluft und eine besonders energiegünstige Lösung. In der extern warmregenerierenden Anlage wird das Trockenmittel durch extern angesaugte und elektrisch auf ca. 180°C erwärmte Frischluft regeneriert. Dagegen arbeitet die kaltregenerierende Anlage mit einem Teilstrom von 10 bis 20 % in der Anlage bereits getrockneter Druckluft, die anschließend ins Freie austritt und damit verloren ist. Bei größeren Volumenströmen bieten deshalb warmregenerierende Adsorptionstrockner energetische Vorteile, weil der Verbrauch an Regenerationsenergie durch Erhitzer und Gebläse deutlich geringer ist, als der Energiebedarf für die Erzeugung der „verlorenen“ Druckluft in kaltregnerierenden Anlagen. Weil kaltregenerierende Anlagen in der Investition aber ca. 50 % preisgünstiger sind, erweist sich diese kombinierte Lösung aus warm- und kaltregenerierendem Adsorptionstrockner unter Berücksichtigung sowohl der Investitions- als auch der langfristig anfallenden Energiekosten unter dem Strich hier als wirtschaftlichste Lösung. Die bei Nutrichem installierten drei wassereingespritzten Schraubenkompressoren erzeugen öldampf- und ölaerosolfreie Druckluft und reduzieren bereits 99,9 % der in der angesaugten Luft enthaltenen Keime. Ein zusätzlicher Sterilfilter vor einem besonders sensiblen Verbraucher schließt Einflüsse aus dem Rohrleitungssystem aus und garantiert hier höchstmögliche Sicherheit. Steuerung und Überwachung der Aufbereitungskomponenten sollen in die geplante übergeordnete Steuerung integriert werden. Fazit „Mit dem aktuellen Druckluft-Konzept mit vier ölfrei verdichtenden Schraubenkompressoren, davon drei wassereingespritzte und wassergekühlte Renner-Anlagen, haben wir für unsere Betriebssituation eine maßgeschneiderte Lösung erhalten. Wir erzeugen unsere Druckluft jetzt nicht nur sofort absolut ölfrei, sondern auch mit höchstmöglicher Versorgungssicherheit und Energieeffizienz“, versichert Dr. Wolfgang Wagner von Nutrichem. www.renner-kompressoren.de Im Fokus Effizienz Sicherheit Nachhaltigkeit Der Betriebsleiter 4/2015 47

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